Integration - Miteinander vor Ort (2019-2021)
Partizipation verstanden als aktives und verbindliches Teilhaben, Mitwirken und Mitbestimmen an Planungen, Entscheidungen und deren Verwirklichung ist ein wesentliches Element gelingender Integration. Dies ist eine Aufgabe, welche die gesamte Gesellschaft betrifft. Das Zusammenwirken von Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft ist dafür eine notwendige Bedingung.
Die Kommune ist der wichtigste Ort für die soziale und politische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger. In diesem Nahbereich hat auch der Eindruck des Ausgeliefertseins und der Machtlosigkeit seinen Ursprung: Als empfundener Mangel an persönlicher Anerkennung, dadurch dass man den Eindruck gewinnt, bei Veränderungen des Lebensumfeldes keine Stimme zu haben, oder indem eigene Leistungen nicht ausreichend gewürdigt werden. Dabei müssen die gegebenen Umstände und die empfundene Realität nicht deckungsgleich sein. Für das Erleben von Selbstwirksamkeit und die Teilhabe an der Gestaltung der sozialen Ordnung ist deren Entfremdung aber in jedem Falle schädlich. Das achte Sozialgesetzbuch formuliert daher in §1 als Aufgabe der Kommunen, dass sie „positive Lebensbedingungen für junge Menschen und ihre Familien sowie eine kinder- und familienfreundliche Umwelt zu erhalten oder zu schaffen“ haben.
Im Diskurs „Miteinander vor Ort” soll modellhaft an der Gestaltung dieser „positiven Lebensbedingungen” in ländlichen Regionen gearbeitet werden. Die Einbeziehung junger Menschen bedarf dabei besonderer Aufmerksamkeit. Mithilfe der Erfahrungen aus kommunaler Verwaltung (Gemeinden und Landratsämter), Sozialer Arbeit (v.a. Jugendarbeit und Bildungsstätten) und Zivilgesellschaft sowie weiteren Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis soll deshalb ein Leitfaden zur Stärkung der Integration in ländlichen Sozialräumen durch Beteiligung mit jungen Menschen erarbeitet und erprobt werden.
Der erste Schritt zur Integration besteht darin, aus Betroffenen Beteiligte zu machen. Ein besonderer Fokus soll daher auf gerechte und faire Beteiligungsmöglichkeiten für junge Menschen gelegt werden. Weil Teilhabe weder „von oben“ noch „von außen“ her realisiert werden kann, sollen im Projekt neben Verantwortlichen aus Kommunen, Vereinen und Institutionen junge Bürgerinnen und Bürger selbst mit einbezogen werden.
Wie kann nun Integration in ländlichen Sozialräumen gestärkt werden? Welches Zusammenspiel von Kommunen, Sozialer Arbeit und Zivilgesellschaft ist dafür vonnöten? Wie kann insbesondere die gleichberechtigte Teilhabe junger Menschen nachhaltig gefördert werden? Was sind die speziellen Bedarfe junger Neuankömmlinge sowie Einheimischer in prekären Lebenslagen und wie können sie gemeinsam wahrgenommen werden? Welche Beziehung besteht zwischen politischer Bildung und Teilhabe? Der Tutzinger Diskurs „Miteinander vor Ort“ verbindet zu diesen Fragen kooperative Forschung und Bildung in ergebnisorientierten Modellprojekten: Er bringt unterschiedliche Expertinnen und Experten (auch in eigener Sache) zusammen, plant modellhaft in zwei ländlichen Kommunen Maßnahmen zur Initiierung von Bürgerbeteiligung und führt diese durch. Ein wesentliches Ziel ist das Empowerment und die überregionale Netzwerkbildung der Akteure, zudem werden auf dieser Grundlage Leitlinien für kommunale Beteiligung mit jungen Menschen erarbeitet und im Rahmen einer öffentlichen Abschlussveranstaltung präsentiert.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Dr. Christian Hofmann
Christian Hofmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter/Fellow im Diskurs-Projekt "Miteinander vor Ort" an der Akademie für Politische Bildung Tutzing. Er hat an der Universität Bonn die Fächer Philosophie, Soziologie und Neuere deutsche Literaturwissenschaft studiert und wurde 2014 ebendort mit einer Arbeit über Hegels Theorie der Moderne promoviert. Neben seiner Dissertation war er als Seminarassistent im Bereich der Entwicklungspolitik tätig, seit 2011 arbeitet er an der FernUniversität in Hagen im Bereich der praktischen Philosophie. 2017/18 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter/Fellow im Tutzinger Diskurs "Wege der Integration". Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Politischen Philosophie, Sozialphilosophie, Ethik und Anthropologie.
Raphael Gritschmeier
Raphael Gritschmeier hat 2014 sein Erststudium in Politikwissenschaft (B.A.), Geschichte und Öffentlichem Recht/Völkerrecht an der Universität Regensburg abgeschlossen und dort, nach einem sechsmonatigen Freiwilligendienst an einer Schule in Kraków (Polen), ebenso bis 2017 sein Masterstudium in Demokratiewissenschaft absolviert. Er ist seit 2015 als Mitarbeiter eines Abgeordneten des Bayerischen Landtags tätig und schreibt im Moment an seiner Dissertation über das Verhältnis von Populismus und Demokratie. Er ist ehrenamtlich in der kirchlichen Jugendarbeit engagiert, als Vorsitzender sowohl der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) Wörth an der Donau als auch des KLJB Kreisverbandes Regensburg.
Prof. Dr. Michael Spieker
Michael Spieker ist Professor für Politikwissenschaft an der Katholischen Stiftungshochschule München und Gastdozent an der Akademie für Politische Bildung in Tutzing, wo er zuvor als Referent für Ethik und Theorie der Politik tätig war. Davor war er Abgeordnetenmitarbeiter am Deutschen Bundestag. Herr Spieker studierte Politikwissenschaft, Philosophie und katholische Theologie in Freiburg i. Br., Basel, Wien, Berlin und Peterborough (Kanada) und ist Projektmanager (IHK). Er wurde mit einer Arbeit über Hegels Logik promoviert und lehrt an der Universität Freiburg i. Br.
Stefan Sandor
Stefan Sandor ist Fachbereichsleiter für Schwerbehindertenrecht am Zentrum Bayern Familie und Soziales – Region Niederbayern. Zuvor war er am Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales als Mitarbeiter der damaligen Bayerischen Behindertenbeauftragten Irmgard Badura und dann als Mitarbeiter des neu gegründeten Referats „Grundsatzfragen der Integrationspolitik“ tätig. Schwerpunkte dieser Aufgabe waren die Vernetzung von Beratungsangeboten für Menschen mit Behinderung, insbesondere im Bereich der Selbsthilfe. Im Bereich der Integrationspolitik arbeitete er an der Initiierung von Integrationsprojekten auf lokaler und regionaler Ebene mit. In seiner jetzigen Tätigkeit setzt er stark auf die Kooperation lokaler und regionaler Akteure der sozialen Beratungsarbeit.
Susanne Lange
Susanne Lange ist Diplom-Sozialpädagogin (FH) und seit Februar 2018 als Kreisjugendpflegerin in der Kommunalen Jugendarbeit des Landkreises Coburg tätig. Ihre Wurzeln hat sie in der verbandlichen Jugendarbeit und war über mehrere Jahre ehrenamtlich im Vorstand des KJR Coburg tätig. Seit 1999 arbeitet sie in der Kinder- und Jugendarbeit.
Dominik Rankl
Seit März 2013 arbeitet Dominik Rankl im Streetwork Bobingen und im November 2018 übernahm er die Leitung des Jugendzentrums. Während seiner Tätigkeit im Rahmen der aufsuchenden Jugendsozialarbeit engagierte er sich ehrenamtlich in der Landesarbeitsgemeinschaft Streetwork Mobile Jugendarbeit in Bayern e.V. zunächst als Beisitzer und später als stellvertretender Vorsitzender. Nach seinem Bachelorstudium der Sozialen Arbeit entschied er sich 2017, ein berufsbegleitendes Masterstudium in Sozialer Arbeit zu absolvieren.
Maria Dießner
Maria Dießner studierte Philosophie, Politikwissenschaft sowie Geschichte und Kultur Afrikas in Leipzig (M.A.). Neben dem Studium war sie für 15 Jahre im Markkleeberger Stadtparlament aktiv und darüber hinaus als Referentin zu philosophischen und gesellschaftstheoretischen Themen in der Erwachsenenbildung tätig. Derzeit arbeitet sie als Projektleiterin im Bereich Jugendbeteiligung in der Kommune für den Kinder- und Jugendring Landkreis Leipzig e.V.
Sebastian Stamm
Sebastian Stamm ist seit 2016 Leiter der Koordinierungs- und Fachstelle der Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Coburg. Er studierte Politische Wissenschaft, Anglistik und Neuere Geschichte in Würzburg, Dijon (Frankreich) und Bonn.
Elke Reinhart
Elke Reinhart ist Integrationsbeauftragte der Stadt Neunburg vorm Wald und Kümmerin bei der Initiative „Integration SAD“. Neben der Projektarbeit mit den Schwerpunkten Begegnung und Bildung unterstützt sie landkreisweit Menschen, Schulen, Institutionen, Behörden und Unternehmen, um zum Gelingen von Integration beizutragen. Sie leitet das neue Haus der Begegnung mit Jugendtreff in Neunburg vorm Wald und ist zudem im Bereich Werbung und Marketing tätig.
Lorenz Semmler
Lorenz Semmler arbeitet seit 2016 als Referent für Politische Bildung beim Bezirksjugendring Schwaben. Er unterstützt und berät u.a. Jugendverbände, Jugendringe sowie Jugendbeauftragte in fachlichen und konzeptionellen Belangen. Darüber hinaus ist er für Projekte wie die Lange Nacht der Demokratie oder Vernetzungstage wie das Barcamp Politische Bildung Schwaben verantwortlich. Lorenz Semmler studierte Erziehungswissenschaften und Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Marburg und Vaasa (Finnland). Anschließend leitete er eine Beratungsstelle für erwerbslose Menschen in Augsburg sowie die Landesgeschäftsstelle der Solidaritätsjugend Bayern.
Manuela Dorsch
Sibylle Oettle
Sibylle Oettle studierte an der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Coburg Soziale Arbeit und ist seit ihrem Abschluss als Geschäftsführerin des Kreisjugendrings Coburgs tätig. Der KJR Coburg betreibt ein Jugendübernachtungshaus sowie ein Hüttendorf. Neben der Förderung der Mitgliedsorganisationen und des Ehrenamtes sowie der Umsetzung der Zielvereinbarungen mit dem Landkreis und deren übertragenen Aufgaben, liegt ein Schwerpunkt auch auf dem Ausbau des politischen Engagements und der politischen Bildung von Kindern und Jugendlichen. Dies wird durch die Mitarbeit im Arbeitskreis „Die Couch“ realisiert. Verschiedene Formate tragen dazu bei, dass Kinder und Jugendliche am politischen Geschehen partizipieren und dieses auch verstehen.
Paula Gomber
Nach ihrem Bachelorstudium der Erziehungswissenschaft mit Schwerpunkt Ästhetische Bildung an der Universität Augsburg absolvierte Paula Gomber den deutsch-französischen Master Kulturvermittlung an den Universitäten Aix-Marseille und Hildesheim. Im Anschluss an ein einjähriges Volontariat in der Programmabteilung der Internationalen Jugendbibliothek München arbeitet sie nun als pädagogische Mitarbeiterin im Jugendzentrum Bobingen.
Tim Hofmann
Schon während seines Studiums der Sozialen Arbeit hat Tim Hofmann in einigen Einrichtungen der offenen bzw. mobilen Jugendarbeit in Augsburg mitgewirkt. Während seines Studiums an der KSH München setzte er sich vertieft mit jugendarbeitsrelevanten Themen auseinander. Seit November 2018 arbeitet er im Streetwork Bobingen. Zusätzlich ist er seit November 2019 im Vorstand der Landesarbeitsgemeinschaft Streetwork Mobile Jugendarbeit in Bayern e.V. als Beisitzer tätig.
Beirat
Dr. Christian Boeser-Schnebel
Christian Boeser-Schnebel studierte Pädagogik, Psychologie und Politik. Nach Lehr- und Forschungstätigkeiten an der Universität Augsburg, der TU München, der LMU, der Katholischen Stiftungsfachhochschule Benediktbeuern und der Justus-Liebig-Universität Gießen ist er seit 2010 Akademischer Oberrat am Lehrstuhl für Pädagogik mit Schwerpunkt Erwachsenen- und Weiterbildung an der Universität Augsburg. Er ist Leiter des Netzwerks Politische Bildung Bayern und Initiator eines Argumentationstrainings, in welchem es um die grundsätzliche Dialogfähigkeit unserer Gesellschaft gerade auch bei politischen Themen geht (www.politik-wagen.de). 2010 hat er den Bayerischen Preis für gute Lehre an Universitäten erhalten. Christian Boeser-Schnebel ist u.a. in der Weiterbildung für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Programm ProfiLehre tätig.
Tobias Burdukat
Tobias Burdukat ist Sozialarbeiter (B.A.), war tätig im Stadtrat der Stadt Grimma und Kreistagsmitglied im Landkreis Leipzig bei einer Wähler*innenvereinigung. Aufgrund diverser Problemlagen innerhalb der Sozialarbeit und insbesondere der Jugendarbeit hat er über mehrere Jahre die Projektkonzeption “Dorf der Jugend” entwickelt und in Grimma erfolgreich initiiert. Als Ergebnis entstanden dabei viele kleine, in jugendlicher Selbstverwaltung durchgeführte Projekte und es gibt heute wieder Jugendliche im ländlichen Raum um Grimma, die den Erwachsenen nicht die Meinungs- und Deutungshoheit zur gesellschaftlichen Debatte überlassen. Aktuell absolviert er sein Masterstudium in Sozialer Arbeit an der HTWK Leipzig und hat einen Lehrauftrag an der HS Mittweida zum Schwerpunkt Offene Kinder- und Jugendarbeit und Jugend im ländlichen Raum.
Dr. Katja Niethammer
Katja Niethammer leitet das Amt für Migration und Integration in Freiburg. Zuvor war sie für das Internationale Komitee vom Roten Kreuz, Genf, in Auslandsmissionen im Irak, im Tschad und in Jordanien. Nach ihrem Postdoc an der Georgetown University war sie Professorin für Islamwissenschaft an der Universität Hamburg und übernahm Lehrstuhlvertretungen in Berlin und Göttingen. Sie arbeitete auch für die Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, das Berliner Haus der Kulturen und bei der Holtzbrinck-Verlagsgruppe. Sie studierte Islam- und Kommunikationswissenschaft an der Freien Universität Berlin sowie an der Bir-Zeit-Universität, Westjordanland.