Raphael Gritschmeier ist Teilnehmer des aktuellen Diskursprojekts „Miteinander vor Ort“. Er promoviert über die Wirkung von Populismus in der Demokratie und engagiert sich ehrenamtlich in der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB). Dort ist er sowohl als Vorsitzender in der Ortsgruppe in Wörth an der Donau als auch im Kreisvorstand der Landjugend im Landkreis Regensburg aktiv. Die Aktivitäten der Landjugend leben vom persönlichen Kontakt. Raphael Gritschmeier erzählt im Interview, wie er und seine Vorstands-Kolleg*innen der KLJB die Corona-Zeit erleben.
Wie wirken sich die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus auf eure Tätigkeit in der Katholischen Landjugendbewegung (KLJB) aus?
Da ich mich sowohl als Vorsitzender in der Ortsgruppe in Wörth an der Donau als auch im Kreisvorstand der Landjugend im Landkreis Regensburg, wo wir auf Kreisebene zusammentreten, ehrenamtlich engagiere, hat mich diese Corona-Geschichte quasi im doppelten Sinn getroffen. Wir mussten viele Veranstaltungen absagen. Unsere monatlichen Stammtische, das sind unsere informellen Mitglieder-Treffen, mussten entfallen. Bis einschließlich 31. August ist alles abgesagt. Trotzdem sind wir natürlich auch in der Vorstandschaft weiter online in Kontakt und tauschen uns regelmäßig via Videokonferenzen aus. Kooperationspartner müssen informiert, Veranstaltungen weiter geplant und zukünftige Projekt in den Blick genommen werden.
Wir legen viel Wert auf Aktionen für unsere Mitglieder, die aber zugleich auch für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Seit 2019 haben wir zum Beispiel die über viele Jahre brachliegende Tradition des Maibaum-Aufstellens hier in Wörth wieder aufgenommen. Und nun mussten wir das leider aus Gründen des Gesundheitsschutzes absagen. Wie etwa auch eine Mai-Andacht, Mini-Golfen und eine Wanderung. Manches können wir vielleicht noch im Laufe des Jahres nachholen, aber dazu müssen wir erst einmal die weitere Entwicklung abwarten.
Im Kreisverband steht eigentlich die Neuwahl der Vorstandschaft an. Dafür hatten wir für Ende März eine Kreisversammlung angesetzt, die aufgrund der Corona-Maßnahmen entfiel. Jetzt schauen wir nach Wegen, wie wir die Wahlen dennoch durchführen können. Der Wunsch besteht, den Übergang zu vollziehen, so dass die neuen Vorstände durchstarten und die ehemaligen ihr Amt übergeben können. Aufgrund der inzwischen erfolgten Lockerungen soll die Kreisversammlung jetzt im Juli in einem großen Raum analog stattfinden. In der kommenden Woche gehen die Einladungen raus.
Wie haltet ihr Kontakt zu den Jugendlichen?
Wir versuchen, den Kontakt zu den Jugendlichen via WhatsApp zu halten, wobei da jetzt nicht allzu viel läuft. Ich selbst bemerke, dass ich die frei gewordene Zeit für andere Dinge nutze, die mir auch wichtig sind. Dadurch rutscht das Ehrenamt – ehrlich gesagt – manchmal etwas nach hinten.
Kolleg*innen aus der Vorstandschaft in Wörth haben in der Corona-Zeit auf Facebook an Aktionen und gemeinsame Veranstaltungen des letzten Jahres erinnert – jeweils zum Jahrestag sozusagen. Als Rückblick und zum gemeinsamen Erinnern. Um damit zum Ausdruck zu bringen, dass es eine Zeit vor Corona gab und auch eine Zeit nach Corona geben wird, in der wir uns wiedersehen und viele schöne gemeinsame Dinge machen werden. So kann man die Erinnerung wachhalten und wieder etwas Vorfreude erzeugen, was ich auch ganz wichtig finde. Wenn man sich nicht sieht beziehungsweise sich nicht sehen kann, lässt sich doch gemeinsam in Erinnerungen schwelgen und dadurch ein gemeinsames Bewusstsein erzeugen.
Bis zum 31. August ist alles abgesagt, plant ihr schon für die Zeit danach?
Was nach dem 31. August sein wird, weiß ja auch keiner. Geplant haben wir bereits eine größere Veranstaltung im Herbst mit der Landjugend in Wörth, eine Party für Jugendliche im Schlosskeller. Diese Veranstaltung wird eigentlich immer sehr gut angenommen. Aber ich bezweifle sehr stark, dass das stattfinden kann. Im Moment sieht es ganz danach aus, dass größere Veranstaltungen bis Ende Oktober verboten bleiben, so dass unsere Party nicht wird stattfinden können.
Ich würde mir wünschen, dass zumindest wieder kleinere Treffen stattfinden und man wieder Gemeinschaft leben kann: zum Beispiel beim gemeinsamen Grillen im Hof unseres Jugendheims.
Landjugend-Arbeit lebt wirklich vom persönlichen Kontakt und davon, in Gemeinschaft zu sein. Ich nutze eigentlich immer diese Zusammenkünfte, um mit möglichst vielen Jugendlichen ins Gespräch zu kommen. Weil ja eine wichtige Aufgabe neben Organisation, Lenken und Leiten auch die ist, alle zu integrieren und zu schauen, ob sich alle wohl- und überhaupt auch angenommen fühlen. Dann gelingt es auch, relativ früh Konflikte zu erkennen und zu entschärfen. Ich mag diesen Aspekt meines Engagements bei der KLJB besonders und mir fehlt der persönliche Kontakt sehr. Auch wenn man immer mal wieder den Rückzug und Zeit für sich braucht, so ist doch die Gemeinschaft mit anderen sehr wichtig. Man braucht die Interaktion mit anderen und man sehnt sich wieder mehr nach dem direkten Kontakt, je länger das dauert.
Die Zeit der KontaktbeschränkungenSeit dem 21. März galten in Bayern Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie - nur aus triftigen Gründen durfte man das Haus verlassen. Ab dem 17. Mai durften sich Angehörige eines weiteren Hausstands wieder treffen und ab 17. Juni dürfen wieder bis zu zehn Personen zusammenkommen. Treffen in Kleingruppen werden dadurch wieder möglich. fühlt sich wirklich sehr lang an. Und wie wird wohl danach der Umgang miteinander sein? Ich bin sehr gespannt, wie sich das weiter auswirkt. Können wir an die alte Normalität anknüpfen oder gibt es so etwas wie eine neue Normalität?
Die Zeit während Corona fordert die eigene Kreativität heraus, sie regt zu Innovationen an. Vor allem die kommunalen und kirchlichen Jugendstellen machen hier eine tolle Arbeit. Ich finde es gut, dass Angebote der Jugendarbeit langsam wieder möglich werden. Ich selbst tüftle auch aktuell an kleineren Formaten für den Herbst, die mit den geltenden Regelungen organisiert und umgesetzt werden könnten, damit die Landjugend in Wörth sichtbar bleibt. Ich merke auch: Es ist herausfordernd, klar, aber es liegt an uns, was wir daraus machen. Die Vereine werden wichtig bleiben und können in dieser schwierigen Zeit weiterwirken.
Interview: Juliane Schwab