Welche Vorteile und Risiken bringt „Big Data“ für unsere Gesundheit mit sich?

12 Jun 2019
Welche Vorteile und Risiken bringt „Big Data“ für unsere Gesundheit mit sich?

An der Alanus-Hochschule diskutieren Studierende über die Digitalisierung in der Medizin.

Welche Vorteile und Risiken bringt „Big Data“ für unsere Gesundheit mit sich – und wie verändert sich der Blick auf unseren Körper durch Wearables und Self-Tracking-Apps? Diese Fragen diskutierten 40 Studierende der Alanus Hochschule in Alfter und der Katholischen Stiftungshochschule München (Campus Benediktbeuern) im Rahmen eines Wochenend-Seminars vom 29.-31.März. Zuvor hatte ungefähr ein Dutzend von ihnen Fitness- oder andere Gesundheits-Apps selbst getestet, Experten berichteten während des Seminars aus Theorie und Praxis und am Ende schlüpften die Studierenden selbst in unterschiedliche Expertenrollen und entwickelten in einem Planspiel Vorschläge für die Regulierung von Big Data im Gesundheitswesen.

Verantwortlich für das ungewöhnliche Seminarkonzept ist Diskurs-Teilnehmer Thomas Schmaus, Professor für philosophische Anthropologie an der Alanus-Hochschule. Alanus-Alumna und Unternehmensgründerin Kristina Wilms konnte für einen Vortrag über die Entwicklung und Anwendung einer Depressions-App gewonnen werden. Als weitere Experten hatte Thomas Schmaus einige seiner Diskurs-Kollegen dabei, mit denen er den Ablauf des Seminars und das Planspiel zusammen vorbereitete: Der Unternehmensberater Florian Schumacher, die Juristin Johanna Onischke und die Politikwissenschaftlerin Maren Bernlöhr. Florian Schumacher berichtete von aktuellen Anwendungen als begeisterter Nutzer der neuen Möglichkeiten, der viel an sich selbst testet, sagte er: „Ich bin, was das Thema angeht, sehr enthusiastisch“. Die Vorteile der Technologie konnte auch Kristina Wilms aufzeigen, die anhand einer von ihr mitentwickelten Depressions-App Einblicke in ein konkretes Anwendungsfeld gab. Sie berichtete nicht nur über die Krankheit, sondern auch darüber, wie wichtig Vertrauen und Schutz der Daten, bei einem solchen Produkt sind. Die Medienrechtlerin Johanna Onischke erläuterte, wie kompliziert, widersprüchlich und undurchschaubar viele Datenschutz-Bestimmungen oft sind. Die Studierenden bekamen im Anschluss die Aufgabe, die Datenschutzerklärung einer Fitness-App zu analysieren, die zuvor von einigen Studierenden ausprobiert worden war. Während die Bestimmung an einigen Stellen sehr präzise formuliert war und Missbrauch ausschloss, fanden die Studierenden an anderen Stellen Formulierungen, die dem Betreiber eine fast beliebige Verwendung der Daten ermöglichte.

Was macht Big Data mit der Gesellschaft? Die Studierenden waren in dieser Frage überwiegend pessimistisch. Die Menschen kommunizieren weniger miteinander, sagte eine Studentin – sie befürchtet, dass es sich um einen Schritt hin zu einem Überwachungsstaat handeln könne. Es würde weniger auf das Wesentliche des Menschseins geachtet, sondern sehr leistungsorientiert gedacht, erklärten sie: Schon ein Spaziergang würde über Schrittzähler ausgewertet, es käme zu Leistungsdruck. Während es als Vorteil möglich wäre, Menschen weltweit zu vernetzen und etwa Stammzell-Spender in anderen Erdteilen zu finden, würden Menschen womöglich zunehmend das Vertrauen in den eigenen Körper verlieren.

„Es gibt neue Möglichkeiten, Politik zu gestalten“, sagte die Politikwissenschaftlerin Maren Bernlöhr und gestaltet werden muss auch die Entwicklung von Big Data. Konsensfindung bei unterschiedlichen Positionen war das Ziel des Planspiels. Mithilfe von Texten, die die Tutzinger Experten vorab verfasst hatten, arbeiteten sich die Studierenden in Gruppen in unterschiedliche Positionen ein – Pharmaindustrie, App-Entwicklung, Behindertenvertretung, Datenschutz, Krankenkassen, Philosophie usw. – und vertraten diese dann in einem Rollenspiel. Am Ende formulierten sie einen „Call to Action“ zum Umgang mit Big Data im Gesundheitsbereich an die Politik.

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