Krebsmedizin: Computer als Assistenten

13 Nov 2018
Krebsmedizin: Computer als Assistenten
Computer als Assistenten, Foto: Pixabay CCO / rawpixel

In der Krebsforschung setzen viele Wissenschaftler auf künstliche Intelligenz. Das heißt, sie trainieren die Computer mit einem Algorithmus, der dann genau wie das menschliche Gehirn lernen kann und daraufhin eigene Diagnosen stellt. Können intelligente Computer bald den Arzt ersetzen? Darüber wird in der Medizin derzeit viel diskutiert.

Das maligne Melanom ist die bösartigste Form von Hautkrebs. Je früher die Hautärzte die schwarzen Flecken erkennen, desto besser sind die Überlebenschancen für den Patienten. Forscher der Universität Heidelberg haben eine Software entwickelt, die zwischen harmlosen und bösartigen Muttermalen unterscheiden kann.

Dafür nutzten sie einen öffentlich zugänglichen Algorithmus von Google, sagt Dermatologe Holger Hänßle: „Das heißt, wir zeigen dem Computer ein Bild und sagen ihm, das ist ein Melanom und zeigen ihm ein weiteres Bild und sagen ihm: Das ist ein gutartiges Muttermal und das wiederholen wir sehr sehr oft.“

Computer tritt gegen Ärzte an

An die 100 000 Bilder zeigten die Forscher dem Computer. Dann wollten die Wissenschaftler wissen, wie gut der Rechner sein Handwerk beherrscht und ob er erfahrenen Ärzten bei der Diagnose von Hautkrebs das Wasser reichen kann. Holger Hänßle und sein Team legten dem Computer 100 Bilder vor mit besonders komplizierten Hautveränderungen. Die gleichen Bilder schickten sie an 58 ausgewählte Spezialisten weltweit.

Ergebnis: Der intelligente Computer schnitt besser ab als die Mediziner. Im Durchschnitt erkannte er den Krebs häufiger und er interpretierte zudem weniger gutartige Muttermale fälschlich als böse. „Das hätte in der Praxis weniger unnötige Operationen zur Folge“, berichtet Holger Hänßle.

Nur dreizehn der Top-Experten waren besser als der Algorithmus oder lagen gleichauf mit ihm. Allerdings war der Versuchsaufbau auch künstlich, gibt Forscher Hänßle zu. Der Algorithmus des Computers war nur trainiert auf Melanome und gutartige Muttermale. Im wirklichen Leben gibt es unzählige andere Hautkrebstypen. Das heißt, die Leistungsfähigkeit des Computers nimmt ab, je mehr unterschiedliche und auch widersprüchliche Bilder die Ärzte dem Computer zeigen.

Hilfe in der Radiologie

Doch die Technologie wird ständig weiterentwickelt. Gerade in der Radiologie, wo bei jeder Untersuchung tausende Bilder anfallen, können Programme den Ärzten helfen. Stichwort Radiomics: Der Computer wertet alle Daten aus, die bei einer radiologischen Untersuchung anfallen, dafür muss die Maschine aber erstmal „sehen lernen“, sagt David Bonekamp vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg. „Ich muss dem Computer erstmal sagen, wo er genau hinschauen soll. Und das mache ich auf dem Bildschirm mit einer Art Stift, wo ich in drei Dimensionen also durch die ganzen Schichten hindurch den Tumor oder die tumorsuspekte Region einzeichne.“

Der Computer lernt also, den Krebs zu analysieren und anhand vieler Merkmale eine Art Signatur anzulegen. Diese Ergebnisse werden in Beziehung gesetzt zu anderen genetischen oder klinischen Daten des Patienten. So lässt sich eine viel genauere Diagnose treffen, was die Forscher auch schon beweisen konnten. „Bei Patienten mit Hirntumoren können wir mit solchen computergestützten Verfahren viel besser vorhersagen, von welcher Therapie er profitieren würde“, so David Bonekamp.

Vielleicht helfen die Programme den Ärzten auch, in Zukunft mit der Datenflut fertig zu werden. Bei einer Computertomographie fallen bei einem Patienten mehrere tausende Bilder an. Bei nur einer Untersuchung! Die muss ein Arzt durchschauen und vergleichen. Mit einem selbstlernenden Computerprogramm wäre das auf jeden Fall leichter.

Brustkrebs: Computer noch nicht besser

Auch bei Brustkrebspatientinnen untersuchten die Forscher, inwieweit sich allein über Bilder feststellen ließ, ob ein Tumor gut oder bösartig ist, also ohne einen Eingriff zu machen und Gewebe zu entnehmen. Hier schnitten die Computer allerdings nicht besser ab als die erfahrenen Radiologen. Das könnte sich vielleicht ändern, je mehr Daten in die Analysen einfließen, sagt David Bonekamp. Er glaubt, dass diese neuen Techniken die Medizin in Zukunft revolutionieren werden.

Von Anna Küch

zurück zur Übersicht
Suche